Meiji Zeit-suche

BIWA LIBRARY

saigo takamori

西郷隆盛

Einführung

SAIGŌ Takamori (1828-1877) war eine der einflussreichsten Persönlichkeiten in der späten Edo-Zeit (1603-1867) und anfangs der Meiji-Zeit (1668-1912). Er wurde und wird von vielen „der Letzte wahre Samurai“ genannt.
SAIGŌ wurde im Land Satsuma (heute Präfektur Kagoshima) geboren und arbeitete am Beginn seiner Karriere als niedriger Samurai-Beamter. 1854 wurde er als Begleiter für den daimyō SHIMAZU Nariakira ausgewählt, um dessen Bemühungen für bessere Verbindungen zwischen dem Shogunat der TOKUGAWA und dem Kaiserhaus zu schaffen. Obwohl SAIGŌ mit seiner undiplomatischen Direktheit und Ehrlichkeit immer wieder in politsche Schwierigkeiten geriet – er wurde verhaftet, begnadigt und dann wieder verbannt etc. – wurde er mit der Zeit doch eine einflussreiche Figur zu Beginn der Meiji-Ära. 1871 übertrug man ihm während der IWAKURA-Mission nach Europa (1871-72) sogar das Amt des Regierung-Stellvertreters.
SAIGŌ, der ursprünglich ein Gegner der Modernisierung Japans und der wirtschaftlichen Beziehungen Japans mit dem Westen war, befürwortete in der Meiji-Regierung die finanzielle Förderung für die Modernisierung der Armee intensiv. Er zeigte in der seikanron-Debatte der Regierung (1873) deutlich seine Überzeugung, dass Japan in Korea einmarschieren müsse, da sich Korea weigerte, die Legitimität des Tennō als oberster Regent im „Großjapanischen Kaiserreich“ anzuerkennen. Die andern Regierungsführer widersprachen ihm aber entschieden, was letztlich der Grund war, warum SAIGŌ von allen seinen Regierungsposten zurücktrat und in seine Heimatstadt Kagoshima zurückkehrte.
Kurz nach seiner Heimkehr wurde in Kagoshima für alle treuen Samurai, die mit SAIGŌ zusammen in Tokyo ihre Regierungsstellen gekündigt und ihn in die Heimat zurück begleitet hatten, eine private Militär-Akademie eröffnet. Diese von der Regierung in Tokyo enttäuschten Samurai dominierten nun die Präfektur-Regierung in Kagoshima. Tokyo fürchtete eine Rebellion und sandte Kriegsschiffe nach Kagoshima, um dort Waffen zu konfiszieren. Das provozierte einen offenen Konflikt. Obwohl SAIGŌ über eine solche Rebellion bestürzt war, ließ er sich dennoch zum Anführer der Rebellen gegen die Kaiserliche Armee küren. Die Rebellion wurde in wenigen Monaten durch die Kaiserliche Armee mit über 300.000 Soldaten (Samurai-Offiziere und Söldner) unterdrückt. Die Satsuma Rebellen zählten zunächst noch 40.000 Mann, doch diese Truppe schrumpfte bald auf 322 Kämpfer zusammen, die sich zuletzt auf den Berg Shiroyama im Zentrum von Kagoshima zurückzogen. Hier fanden die endgültigen Kämpfe, von denen diese Ballade handelt, statt.
In der Schlacht auf dem Shiroyama-Hügel erlitt SAIGŌ einen Bauchschuss, doch die genauen Umstände seines Todes sind nicht geklärt. Seine nächsten Vertrauten berichteten, dass SAIGŌ BEPPU Shinsuke beauftragt hätte, ihm beim Selbstmord zu assistieren. Es gibt aber Theorien, dass SAIGŌ nach dem Bauchschuss in einen Schockzustand geriet und die Sprache verlor. Viele seiner Vertrauten hätten ihm beim seppuku Hilfe geleistet und ihm dann den Kopf abgeschlagen, denn sie wussten genau, dass SAIGŌ einen ehrenvollen Samurai-Selbstmord begehen wollte. Später verbreiteten sie dann die Legende seines selber ausgeführten Selbstmordes, um ihrem Anführer die Aura des „Wahren Samurai“ zu sichern.
SAIGŌ ‘s Tod bedeutete das Ende der Satsuma-Revolte. Obwohl er als Rebell galt, begnadigte die Meiji-Regierung ihn posthum schon 1889, gedrängt von der allgemein großen Verehrung im Volk für einen Mann, der so viele edle Samurai-Tugenden verkörpert hatte. Alle Japaner kennen die Bronze-Statue (geschaffen 1898 von TAKAMURA Kōun) am Süd-Eingang des Ueno-Parks in Tokyo, wo SAIGŌ seinen Hund an der Leine führend dargestellt ist. SAIGŌ genießt noch heute in Kagoshima fast die Verehrung eines Heiligen. Die Ballade Shiroyama mit der ähnlichen Schilderung der letzten Schlacht ist auch eines der zentralen Stücke im Repertoire des satsuma biwa.

Zusammenfassung

Die Ballade beginnt mit einer kurzen Erwähnung der militärischen Auseinandersetzungen, die auf dem Berg Shiroyama in Kagoshima ein Ende finden. SAIGŌ Takamori wird mit den wenigen verbleibenden jungen Kämpfern von sechs Brigaden der Kaiserlichen Armee angegriffen. Es wird hart gekämpft, doch die Kaiserlichen gewinnen allmählich die Oberhand. SAIGŌ beobachtet die Kämpfe vom sicheren Unterschlupf in einer Höhle aus und ist deprimiert, als er sieht, dass seine Mannen keine Chance haben. Ein Gedicht (kanshi) wird gesungen, das SAIGŌ mit einem Eremiten vergleicht, der sich angesichts des Todes dem japanischen Schach, dem Gō-Spiel hingibt.
Es wird dunkel, und die Schießerei hört langsam auf. Für die letzten Kämpfer auf Berg Shiroyama ist die Stunde gekommen, um den Abschiedstrunk herumzureichen, den SAIGŌ kredenzt. In dieser Stunde greift ein junger Samurai zum satsuma biwa und singt die Ballade Der junge Atsumori. Die Geschichte (s. die Ballade Kumgai to Atsumori) stammt aus dem HEIKE Epos (12.Jh), wo in bewegender Weise erzählt wird, wie ein junger Krieger mutig seinen Ritter-Tod akzeptiert.
Danach legen sich die Kämpfer schlafen, doch werden sie schon bald wieder geweckt von einem Hahn, der das Aufgehen der Sonne begrüßt. Sogleich geht auch die Schießerei wieder los. Der berühmte KIRINO feuert seine Kameraden an – sie sollen ihr Letztes geben. Pulverwolken hüllen die Berge ein, und der Boden wird mit fallenden Soldaten übersät. Als SAIGŌ dies sieht, denkt er darüber nach, wie es wäre, wenn all diese jungen Männer, die hier gegeneinander kämpfen (und ja alle Japaner sind) sich vereinen würden und im Ausland für die Sache des Kaisers ihr Leben einsetzten. Danach begibt er sich ins kleine Iwasaki-Tal, wo der Feind schon weit vorgerückt ist. Man hört Trompetenstöße, und ein Schuss trifft SAIGŌ in den Bauch. SAIGŌ verliert schnell viel Blut, doch er kann sich noch zu Boden werfen und dem Kaiser seine Reverenz erweisen. Er wünscht ihm eine lange Regentschaft und hofft, dass des Kaisers Herrlichkeit weit über die japanischen Inseln hinaus strahlen werde.
Nach diesem Gebet bittet er BEPPU Shinsuke, er möge ihm nach dem seppuku (Bauch aufschlitzen) assistieren und ihn enthaupten. Der junge Samurai ist überwältigt von Schmerz und bringt es fast nicht fertig, das Schwert zu führen. Doch als die Feinde in die Nähe kommen, ruft er „Vergib mir!“ und führt den tödlichen Schlag an seinem verehrten Meister aus, wie ihm befohlen war.
Nach dem Tod von SAIGŌ wird noch einmal ein – bis heute berühmt gebliebenes – Gedicht im chinesischen Stil (kanshi) gesungen, das das Ende des „Letzten Samurai“ glorifiziert. Die Ballade endet mit dem Wunsch, dass die Seele von SAIGŌ den Kaiser bis in alle Ewigkeit beschützen möge.

Text

  • 1. Heroic deeds span the oceans Heldentaten überspannen Meere,

    Yūto shikai o ooitsutsu 雄図四海を蓋ひつゝ

  • 2. and strength moves mountains, Willenskraft versetzt Gebirge,

    chikara wa yama o nuku totemo 力は山を抜くとても

  • 3. but the thousand-fold bonds of fate aber Schicksalsbande

    chiji ni matsuwaru unmei no 千々に纏はる運命の

  • 4. cannot be severed by swords. kann man nicht mit einem Schwert durchtrennen.

    kizuna kiru beki tachi wa naku 絆切るべき太刀はなく

  • 5. How tragic a hero to sacrifice himself Schmerzlich, dass ein Held sich selbstlos

    eiyū aware sanzen no 英雄あはれ三千の

  • 6. for three thousand young followers! für dreitausend Junge opfert.

    shitei ni mi o ba makasekeri 子弟に身をば任せけり

  • 7. But listen: SAIGŌ Takamori Doch nun hört: SAIGŌ Takamori

    satemo SAIGŌ Takamori wa さても西郷隆盛は

  • 8. attempted to dispel the disloyal cowards focht die Gegner der Korea-Frage an

    seikanron o habamitsuru 征韓論を阻みつる

  • 9. who hindered his hopes of seizing Korea. und wollte es den Unloyalen zeigen.

    kanshinbara o harawan to 奸臣原を払はんと

  • 10. He led 10.000 troops Fast zehntausend Reiter führt’ er an;

    ichiman’yoki o insotsushi 一万余騎を引率し

  • 11. and in vigorous high spirits von hohem Mut beflügelt

    iki shōten no ikioi nite 意気衝天の勢ひにて

  • 12. they emerged from Kagoshima. zogen sie von Kagoshima los.

    Kagoshima utte idekeru ga 鹿児島打って出でけるが

  • 13. The battles had continued several months Nach vielen Monaten des Kämpfens

    tatakai sudeni sūgetsu ni 戦ひすでに数月に

  • 14. and many of his supporters had been destroyed; hatten viele junge Krieger in den Schlachten ihren Tod gefunden;

    watarite mikata uchiyabure 亘りて味方打敗れ

  • 15. with a mere three hundred horsemen remaining, nur dreihundert Reiter blieben übrig.

    wazukani nokoru sanbyakki 僅かに残る三百騎

  • 16. to Mt. Shiroyama where the chill winds of autumn blew, In der Heimat braust’ der kalte Herbstwind auf dem Hügel Shiroyama,

    shūfū samuki Shiroyama ni 秋風寒むき城山に

  • 17. they returned to barricade themselves. wo sie Schutz und Zuflucht suchten.

    kaeri kitarite tatekomoru 帰り来りて立て籠る

  • 18. At this time, six loyalist brigades Doch da rückten Kaiserliche vor in sechs Brigaden,

    kono toki kangun roku ryodan 此時官軍六旅団

  • 19. gathered like clouds and mist schnell und unbemerkt wie Wolkennebel

    unka no gotoku yosekitsutsu 雲霞の如く寄せ来つゝ

  • 20. positioning themselves ten and twenty ranks deep, griffen sie mit zehn, ja zwanzig Schützenreihen an.

    toe hatae ni torikakomi 十重廿重に取囲み

  • 21. to crush the insurgent forces. Um jetzt vollkommen die Rebellen zu besiegen,

    gyakuzokubara o uchitoreto 逆賊原を打取れと

  • 22. The rebel forces, set upon with a furious intensity, attackierten sie mit ungehemmter Wucht.

    ikioi hageshiku semekakaru 勢ひ劇しく攻めかゝる

  • 23. nonetheless responded to this attack without faltering; SAIGŌ’s Krieger leisteten jedoch bewundernswerten Widerstand.

    mikata wa hirumazu ōsenshi 味方はひるまず応戦し

  • 24. both heaven and earth trembled Die Erde zitterte, der Himmel dröhnte

    otakebi no koe toki no koe 雄叫の声喊の声

  • 25. to the sound of their brave shouts and battle cries. ob dem Schlachtgeschrei.

    tenchi o kuzusu bakari nari 天地を崩す計りなり

  • 26. SAIGŌ, who watched from not far away Aus einiger Entfernung

    sashimo hageshiki tatakai o さしも劇しき戦ひを

  • 27. the ferocious fighting, schaute SAIGŌ den Gefechten ruhig zu,

    yoso ni minashite Takamori wa 余所に見なして隆盛は

  • 28. was calm in a distant cave. verschanzt in einer Höhle.

    iwaya no uchi ni yūzen to 岩窟の中に悠然と

  • 29. The formations of “crane wings and fish fins”, „Kranich-Flügel, Fisches-Flossen“ – solche Strategien dachte er sich

    kakuyoku gyorin to jindatete 鶴翼魚鱗と陣立てゝ

  • 30. positioned on the chess-board like stars in the sky, auf dem -Brett aus, wo viele Steine schimmerten wie Sterne.

    uchitsu utaretsu hoshi no kazu 打ちつ打たれつ星の数

  • 31. he gently swept away, Doch auf einmal wischte er sie sanft vom Spielbrett,

    midaruru goishi sarasara to 乱るゝ碁石さらさらと

  • 32. and the stones fell like dew from chrysanthemums. dass sie wie der Tau von Chrysanthemen auf die Erde fielen.

    kobosuya kiku no tsuyu naran 零すや菊の露ならん

  • 33. He then spread a sheet of paper to brush a poem: Danach zog er ein Papier hervor und dichtete:

    yagate isshi o oshinobete やがて一紙を押のべて

  • 34.  In six months, a hundred battles and none won,  In einem halben Jahr – noch keine Schlacht gewonnen

    hyakusen kō nashi hansai no kan 百戦功無シ半歳ノ間

  • 35.  having fortunately returned to this hill in the hometown  In der Heimat glücklich – auf dem Hügel meiner Stadt

    shukyū saiwai ni kazan ni kaeru koto o u 首邱幸ニ家山ニ返ルコトヲ得

  • 36.  facing death calmly like an untroubled hermit,  Im Walde sorglos lachend – bin ich ganz dem Tod gesonnen

    warau ware shi ni mukatte senkaku no gotoshi 笑ウ儂死ニ向ッテ仙客ノ如シ

  • 37.  spending my last day quietly playing chess.  In den letzten Tagen müßig – findet nur mein gō-Spiel statt.

    jinjitsu dōchū kikyō kan nari 尽日洞中棋響閑ナリ

  • 38. The night had already deepened, Als nun die Nacht hereinbricht und es immer dunkler wird,

    sude ni sono yo mo fuke yukeba 既に其夜も更けゆけば

  • 39. and the dramatic sound of gunfire verstummt die wilde Schießerei,

    hageshikarikeru tsutsu no oto 劇しかりける砲の音

  • 40. had at some point ceased, and in the heavens, bis endlich Ruhe einkehrt.

    itsushika yamite ama no to ni いつしか止みて天の戸に

  • 41. the wild geese cried as they crossed the skies, Gänse ziehen rufend in die Himmelsweite,

    tokoyo no kari no nakiwataru 常世の雁の鳴き渡る

  • 42. their voices faintly heard. ihre Stimmen werden in der Ferne immer leiser,

    koe mo kasuka ni kikoetsutsu 声も幽かに聞えつゝ

  • 43. It was now time for the final festive banquet, und so ist es Zeit,

    kono yo no wakare to kumu sake no 此の世の別れと酌む酒の

  • 44. in which drink was poured to bid this world farewell. das letzte Fest zu feiern.

    utage takenawa to narinikeri 宴酣となりにけり

  • 45. At this point, some admirable person, Da nun wendet sich ein junger Kämpfer

    satemo yukashiya tarebito ka さても床しや誰人か

  • 46. turned to the clear moon that would only shine this night, gegen Mitternacht

    koyoi kagiri to sumiwataru 今宵限りと澄み渡る

  • 47. and began to play with great skill. dem Vollmond zu

    tsuki ni mukaite kakinarasu 月に向ひて搔き鳴らす

  • 48. the biwa, and when this was heard: und schlägt sein biwa herrlich.

    tenare no biwa no koe kikeba 手馴の琵琶の声きけば

  • 49. “The blossoming cherries of Suma Bay, Junger Kirschbaum in der Bucht von Suma;

    Suma no wakaki no sakurabana 須磨の若木の桜花

  • 50. lose their petals to the storm, as young Atsumori fell, wo ein Sturm die Blüten von den Zweigen riss – ach junger Atsumori.

    arashi ni chirishi Koatsumori 嵐に散りし小敦盛

  • 51. and we, the red maple leaves, Hier sind wir nun Ahornblätter,

    tagai no mi sae momijiba no 互の身さへ紅葉の

  • 52. our lives brief as we await the storm.” die den letzten Sturm erwarten.“

    arashi matsu ma no inochi nari 嵐待つ間の命なり

  • 53. With rifles for pillows, the warriors Ihr Gewehr als Kissen auf dem Lager lässt die Krieger

    tsutsu o makura ni tsuwamono ga 銃を枕に兵士が

  • 54. Merely dozed, their dreams binding the brief pause nur in Halbschlaf sinken. Träumend hören sie

    karine no yume o musubu ma mo 仮寝の夢を結ぶ間も

  • 55. Until the cock’s cry at the mountain’s foot, am Fuß des Berges einen Hahn

    naku ya fumoto no kudakake wa なくや麓の鶏は

  • 56. announced the scarlet skies of the east. das Morgenrot im Osten grüßen.

    tōtenkō to tsugewatari 東天紅と告げ渡り

  • 57. The lingering moon of dawn shone through the clouds Durch die Wolken scheint der Mond,

    kumoma o moruru zangetsu no 雲間を漏るゝ残月の

  • 58. to throw its pale light on the white flags swaying like pampas grass. ein bleiches Licht auf Flaggen werfend, die wie Pampasgräser leuchten.

    kage shirami yuku hata susuki 影白み行く旗薄

  • 59. Again, the cries begin, Wieder hört man Schlachtenrufe

    mata mo agareru toki no koe 亦も揚がれる喊の声

  • 60. echoing through the hills. in den Bergen dröhnen.

    dotto yama ni zo hibikikeru どっと山にぞ響きける

  • 61. All were resigned to what must be, Alle reißen sich zusammen,

    kanete kakugo no koto nareba かねて覚悟の事なれば

  • 62. and that nothing should be feared nichts erschreckt sie

    mikata wa nanika osoru beki 味方は何か恐るべき

  • 63. and all charged the advancing enemies. im direkten Feind-Kontakt.

    yosekuru teki o mukaiuchi 寄せ来る敵を迎ひ撃ち

  • 64. “Let’s beat the hungry boars from Bungo „Als gält‘ es hungrig wild gewordne Bungo-Eber zu bekämpfen,

    ana kokochiyoya Bungo jishi あな心地よや豊後猪

  • 65. and fight fiercely, wollen wir uns mutig schlagen mit den Feinden

    uchitoru sama ni nitaru zo ya 打取る様に似たるぞや

  • 66. for it is our last battle. bis zum letzten Atemzug.

    ima o saigo to tatakaite 今を最後と戦ひて

  • 67. As warriors from Satsuma Hayato, Die Krieger aus dem Lande Satsuma,

    Satsuma hayato no buyū o ba 薩摩隼人の武勇をば

  • 68. we shall remain in tales of valor!” sie kämpfen nur für Ruhm und Ehre!“

    kataritsugaseyo monodomo to 語りつがせよ者共と

  • 69. KIRINO shouts to encourage the men, KIRINO begeistert seine Jungen,

    KIRINO wa shū o hagemashite 桐野は衆を励まして

  • 70. and they rage like wild lions. und so rasen sie wie Löwen.

    shishi funjin to aremawaru 獅子奮迅と荒れ廻る

  • 71. And so, they take their first steps on the Mountain of Death: Blinder Einsatz aber führt sie alle “Auf den Berg des Todes“.

    ima koso shide no yamabumi ya 今こそ死出の山踏みや

  • 72. The bullets fly, Kugeln hageln dicht,

    shigeku tobikuru dangan ni 繁く飛び来る弾丸に

  • 73. and on all sides confusion reigns, und rechts und links herrscht Chaos.

    migi ni hidari ni rōzeki to 右に左に狼藉と

  • 74. with felled corpses Tote liegen weit verstreut, und über die gefallnen Körper

    uchitaosaruru shikabane o 撃ち倒さるゝ屍を

  • 75. over which they leapt as they battled. fegt der Kampf hinweg.

    odori koetsutsu tatakaeba 躍り越えつゝ戦へば

  • 76. Gun smoke swirled Vom Schießen breitet sich der Pulverdampf in Wolken aus

    shōen kumo to uzumakite 硝煙雲と渦巻きて

  • 77. and obscured the mountains. sie hüllen rundum Berg und Hügel ein.

    yamakage miezu narinikeri 山影見えずなりにけり

  • 78. SAIGŌ watched with a faint smile on his lips: Doch SAIGŌ schaut dem Treiben zu und lächelt.

    Takamori uchimite hoho zo emi 隆盛打見てほゝぞ笑み

  • 79. “Both friend and foe, „Freund und Feind

    teki mo mikata mo shikishima no 敵も味方も敷島の

  • 80. the heroic sons of this land. sind Heldensöhne unseres Landes.

    Yamato onoko no isamashisa 倭男児の勇ましさ

  • 81. For the glory of the Emperor Für den Dienst an unsrem Reich sich opfernd

    kimi no miizu o totsukuni ni 君の御稜威を外国に

  • 82. could easily shine abroad.” könnten sie vereint uns draußen in der Welt viel Ehre bringen.“

    kagayakasan wa ito yasushi 輝かさんはいと易し

  • 83. With these sentiments in his gut Solch belastende Gedanken regen sich in seinem Innern,

    ana kokochiyoya muragimo no あな心地よや村肝の

  • 84. and a clear heart doch sein Herz bleibt ungetrübt und ruhig.

    kokoro ni kakaru kumo mo nashi 心にかゝる雲もなし

  • 85. he stood with his few remaining followers Mit nur wenigen Begleitern

    iza morotomo to tachiagari いざ諸共と立上り

  • 86. and headed to the valley of Iwasaki. macht er sich zum Tale Iwasaki auf.

    Iwasakitani ni uchimukau 岩崎谷に打向ふ

  • 87. With the sudden call of a trumpet, Da plötzlich, ein Trompetenstoß!

    orishimo rappa no koe kyū ni 折しも喇叭の声急に

  • 88. the Imperial Army drew near Die Kaisertruppen greifen in der Nähe an

    kangun chikaku semari kite 官軍近く迫り来て

  • 89. and rained bullets on their part. und schlagen drein, als prasselte der Regen.

    shino tsuku gotoku uchiidasu 篠突く如く打出だす

  • 90. One struck Takamori Eine Kugel trifft

    ichidan tonde Takamori ga Takamori

  • 91. thudding into his stomach. und reißt ihm ratsch den Bauch auf.

    hara o dotto zo uchinukikeru 腹をドッとぞ打貫きける

  • 92. His spilling blood stained the grasses crimson, Blut strömt, flutet in das Gras und färbt es rot.

    chishio ni kusa o somenaseru 血汐に草を染めなせる

  • 93. he fell to his knees to face Da fällt er auf die Knie, verbeugt sich neunmal

    daichi ni zashite kokonoe no 大地に坐して九重の

  • 94. the Capital in worship. vor dem Kaiser in der fernen Hauptstadt.

    miyako no kata o fushiogami 都の方を伏し拝み

  • 95. “The flow of time is inevitable, „Nichts wird nun den Lauf der Zeit noch ändern,

    toki no ikioi zehi mo naku 時の勢ひ是非もなく

  • 96. and I, who started this revolt, Takamori, der Rebellenführer

    koto o agetsuru Takamori ga 事を挙げつる隆盛が

  • 97. the depths of my heart, kann sein Herz

    kokoro no soko o ookimi ni 心の底を大君に

  • 98. I shall never be able to convey. Euch nicht mehr öffnen.

    kikoe agubeki yoshi nakute きこえ上ぐべき由なくて

  • 99. As your subject, I leave this world Als ein treuer Untertan verlass‘ ich diese Welt

    shin wa kono yo o makaru nari 臣は此の世を退るなり

  • 100. with prayers for your continued longevity. und flehe, dass Ihr immerfort erstrahlt

    kimi yorozuyo mo mashimashite 君万世もましまして

  • 101. May your splendor cross the distant seas im kaiserlichen Licht, das übers Meer hin

    miizu wa tōku unabara no みゐづは遠く海原の

  • 102. to shine in radiance,” glanzvoll leuchten möge.“

    soto made terasase tamaeya to 外まで照させ給へやと

  • 103. He prayed in his heart. Voller Inbrunst betet er und

    kokoro no uchi ni nenjitsutsu 心の中に念じつゝ

  • 104. Finally, he turned to one side, wendet sich danach zur Seite.

    yagate katae o furimukite やがて傍を振り向きて

  • 105. “BEPPU, it is time!” he commanded. „BEPPU, schlag jetzt zu!“ befiehlt er

    BEPPU kire to zo meijikeru 別府切れとぞ命じける

  • 106. BEPPU was a brave man Aber BEPPU Shinsuke, ein tapfrer Kerl,

    sasuga ni BEPPU Shinsuke wa 流石に別府晋介は

  • 107. who revered SAIGŌ as father and as master, der in dem Sterbenden den Vater und den Lehrer ehrt,

    chichi to mo shi to mo aogitsuru 父とも師とも仰ぎつる

  • 108. but the hand holding the blade vermag nicht, seinen Meister SAIGŌ zu enthaupten.

    SAIGŌō ni atekanete 西郷翁にあてかねて

  • 109. pressed to the Venerable Elder Zitternd hält er in der Hand das Schwert,

    yaiba motsu te mo uchinaete 刃持つ手も打痿へて

  • 110. caused him to writhe with torment die Trauer sticht ihm in die Eingeweide,

    harawata o tatsu uki omoi 腸を断つ憂き思ひ

  • 111. and his eyes briefly veiled with tears. Tränenstürze trüben seinen Blick.

    shibashi namida ni kurekeru ga 暫時涙に暮れけるが

  • 112. Yet the enemies came, closer and even closer Nun rückt der Feind ganz nah heran.

    teki wa iyoiyo chikazukinu 敵はいよいよ近づきぬ

  • 113. “Forgive me!” he said, and with one stroke „Verzeiht mir!“ sagt er,

    yurusasetamae to ittō o ゆるさせ給へと一刀を

  • 114. of his blade, the dew fell from und mit einem Schwertstreich fällt er ihn. Ach schmerzlich ist’s –

    oroseba aware matsugae no おろせば哀れ松が枝の

  • 115. the needles of the pitiful pine branch. wie wenn von Kiefernadeln Tau heruntertropft.

    hazue no tsuyu to chirinikeri 葉末の露と散りにけり

  • 116.  My solitary struggle crushed, I return.  Umzingelt von den Kaisertruppen – suchten wir uns Schutz

    kogun funtō kakomi o yabutte kaeru 孤軍奮闘囲ヲ破ッテ還ル

  • 117.  Within the fortress walls a hundred miles long  verschanzten uns in einer Festung – hundert Meilen lang.

    ippyaku no ritei ruiheki no aida 一百ノ里程塁壁ノ間

  • 118.  our blades are already broken, our steeds felled,  Gebrochen ist mein Schwert – gefallen ist mein Pferd –

    waga ken wa sudeni ore waga uma wa taoru 我ガ剣ハ既ニ折レ我馬ハ斃ル

  • 119.  The autumn wind buries our bones on the hill of my home.  Über den Gebeinen weht der Herbstwind auf dem Berg der Heimat.

    shūfū hone o uzumu kokyō no yama 秋風骨ヲ埋ム故郷ノ山

  • 120. Rarely, once in a thousand years, In viel tausend Jahren tritt nur selten

    senzai mare ni yo ni ideshi 千載稀に世に出でし

  • 121. The hero’s fate is unfortunate. solch ein Held hervor – vom Schicksal hart getroffen

    eiyū jiun tsutanakute 英雄時運拙くて

  • 122. His ephemeral end accomplished, war sein Ende traurig.

    hakanaki saigo o togekeru mo はかなき最後を遂げけるも

  • 123. his spirit will last forever Seine Seele aber möge bis in alle Ewigkeit

    mitama wa chiyo ni yorozuyo ni みたまは千代に万代に

  • 124. to defend the Emperor‘s Glory die Kaiserliche Heiligkeit beschützen,

    kimi ga miizu o mamoruran 君が御稜威を守るらん

  • 125. to defend the Emperor‘s Glory die Kaiserliche Heiligkeit beschützen.

    kimi ga miizu o mamoruran 君が御稜威を守るらん

Anmerkungen

8. Korea Frage… (siehe auch Einleitung). Als SAIGŌ Mitglied der Meiji-Regierung war, schlug er eine Invasion in Korea vor. Sein Plan war es, zuerst alleine zu gehen und den koreanischen Königshof durch beleidigendes Verhalten und Reden zu provozieren. Die Reaktion des koreanischen Hofs würde den Japanern dann einen Grund geben, in das Land einzudringen. Seine Kollegen in der japanischen Regierung waren gegen diesen Plan, was Saigō zutiefst verärgerte. Aus Protest verließ er die Regierung und kehrte mit vielen Samurai aus Kyushu nach Kagoshima zurück. Nach mehreren Zwischenfällen galten Saigō und seine Anhänger als Rebellen und wurden von der kaiserlichen Armee angegriffen. Der letzte Angriff der kaiserlichen Armee ist der Kern dieser Ballade. 16. Der Hügel Shiroyama… Dies ist ein Hügel in der Stadt Kagoshima (heute Shiroyamachō). 29. „Kranich-Flügel und Fisches-Flossen“… Diese Begriffe gehörten zum offiziellen damaligen militärischen Strategie-Vokabular. “Kranichflügel” bedeutet eine Truppenformation, in der die angreifenden Soldaten einen großen Raum des Schlachtfeldes abdecken. “Fischflossen” bedeutet das Gegenteil: Soldaten avancieren Schulter an Schulter. 49.-52. Bucht von Suma, junger Atsumori… Das Stück Ko Atsumori (Der junge Atsumori) ist eine der bekanntesten Balladen im Repertoire des satsuma biwa und erzählt vom sinnlosen Tod Atsumoris, einem jungen HEIKE-Krieger, der durch die Hand des GENJI-Kriegers KUMAGAI Naozane in der Bucht von Suma im Frühjahr 1184 sein Leben lassen musste. In der satsuma biwa-Ballade wird der Tod von Atsumori mit dem Bild fallender Kirschblüten verglichen. Die letzten Stunden der jungen Krieger auf dem Berg Shiroyama fanden im Spätherbst statt, deshalb wird hier das Fallen von roten Ahornblättern als Parabel herangezogen. 64. Hungrig wilde Eber von Bungo… Bungo war eine Region im Süden von Kyushu. Da dieses Gebiet relativ weit von Kagoshima entfernt ist, galten Wildschweine aus Bungo, die bis nach Kagoshima vordrangen, hungrig und daher als besonders aggressiv. 69. KIRINO… KIRINO Toshiaki (1838-1877) war ursprünglich ein Samurai aus dem Land Satsuma. Er war einer der berühmten „Drei Mörder“ der Meiji-Ära – heldenhafte Krieger, die als unübertrefflich und unbesiegbar angesehen wurden. Zuerst widersetzte sich KIRINO dem Shogunat und trat in die kaiserliche Armee ein, wechselte aber später die Seite und schloss sich SAIGŌ an. Er war ein begabter Militärbefehlshaber, aber auch er starb auf dem Berg Shiroyama. 105. BEPPU… BEPPU Shinsuke (1847-1877) war ein Samurai aus Satsuma. Er war ein Offizier, der SAIGŌ nahe stand.

Musik Kommentar

Diese ausführlich gestaltete Ballade wird meistens in gekürzter Form aufgeführt – nicht nur, weil sie als Ganzes zu lang wäre, sondern weil eine kompaktere Version einen stärkeren Eindruck bewirkt als eine gesungene Erzählung, die mit vielen kleinen Episoden ausgeschmückt ist. Das größte Problem für eine integrale Aufführung ist der kurze Schlachtenbericht in den Zeilen 18-25. Diese Passage endet mit dem Zwischenspiel Chō no roku, das dramatisch-brillant ein Höhepunkt ist – ein Höhepunkt, der im ganzen Fluss von Erzählung und Musik für den Aufführenden zu früh erreicht wird. Denn wenig später, in den Zeilen 34-37 wird ein vierzeiliges Gedicht im chinesischen Stil (kanshi) im melodiösen shigin-Stil gesungen. Das ist ein ruhiger besonnener Gesang – vom Gesichtspunkt des dramatischen Ablaufs gesehen – ein Stillstand. Zwei solche Extreme – von Dramatik einerseits und Lyrik andererseits – erschweren dem Sänger einen natürlich wirkenden Fluss, und so werden oft die Zeilen 18-37 übersprungen.

Der wichtigste Aspekt der musikalischen Gestaltung dieser Ballade liegt aber wohl in der Aufführungstradition. Es gibt kaum ein anderes Stück, in dem standardisierte Melodie-Einheiten von den biwa-Spielern so speziell behandelt werden wie in dieser Ballade. Es macht fast den Eindruck, als wollte jeder renommierte Spieler zeigen, dass er ein eigenes tieferes Verständnis für das Schicksal von SAIGŌ Takamori hat. Die Tachibanakai-Schule grenzt sich zwar gleichsam ideologisch ab von andern Schulen, indem sie darauf verweist, dass sie ein strenges literarisches und musikalisches Textverständnis hat – jeder Spieler soll sich an die notierten Vorgaben der Komposition halten und sich letztlich keine Freiheiten leisten. Doch die Ballade SAIGŌ Takamori ist eine Ausnahme – sogar für YAMAZAKI Kyokusui. Sie erfand diverse kleine Variationen von eigentlich klar fixierten Melodie-Pattern. Die üppigsten Abschweifungen leisten sich aber eindeutig Spieler aus Kagoshima. Niemand darf ihnen sagen, dass ihre Art, den Tod ihres „Stadt-Heiligen“ zu besingen nicht den Vorgaben der Schul-Fassung dieser Ballade entspreche. Beim individuellen Ausgestalten des tragischen Höhepunkts dieser Geschichte lässt sich kein biwa-Spieler/Sänger aus Kagoshima irgendeine Kritik gefallen.