Kyoto-suche

BIWA LIBRARY

sumidagawa

隅田川

Einführung

Der Inhalt von Sumidagawa hat sehr alte Ursprünge; sie gehen bis ins Ise monogatari (10.Jh.) zurück. In dessen 9. Kapitel, Azuma kudari, unternimmt ein Mann eine Reise in den Osten, bis er an die Ufer des Flusses Sumidagawa im Lande Musashi kommt. Er wundert sich dort über herumfliegende Vögel und fragt einen Fährmann, wie sie heißen. Dieser antwortet, man nenne sie miyakodori, „Kaiserstadt-Vögel“, was ihn an Kyoto erinnert. Die Erzählung bildet den Hintergrund für das Noh-Stück Sumidagawa, das KANZE Motomasa (?-1432) über YOSHIDA Umewakamaru geschrieben hat.
Die Geschichte war noch in der Edo-Zeit (1603-1867) beliebt – sie wurde nicht nur fürs Puppentheater Bunraku und fürs Kabuki bearbeitet, sondern auch für andere Genres eingerichtet, die dann generell Sumidagawa-mono (Sumidagawa-Stücke) genannt wurden. 1884 wurde im Genre kiyomoto das Tanzstück Sumidagawa mit einem literarisch hochstehenden Text von JŌNO Saigiku (1832-1902) kreiert.
Der englische Komponist Benjamin BRITTEN (1913-1976) sah 1956 in Japan eine Aufführung des Noh-Stücks Sumidagawa und komponierte darauf basierend 1964 die Oper Curlew River. Er nannte sein Werk Parable for Church Performance, da er den Text in eine christliche Erzählung umformte, die sich in England im Mittelalter abspielt. Doch trotz dieser weitreichenden Bearbeitung des Stoffs, bleibt die Geschichte stark dem Noh-Stück verbunden.

Zusammenfassung

Umewakamaru, der einzige Sohn einer Witwe, wurde von einem Kinderhändler geraubt. Verzweifelt über den Verlust ihres Sohnes, verlässt die Mutter ihr Haus in Kitashirakawa in Kyoto und macht sich Richtung Osten auf, um ihren Sohn zu finden. Ihre Reise führt über den Berg Hiei, sie überquert den Biwasee und fragt überall und jedermann, ob man nicht ihren Sohn gesehen hätte.
Endlich erreicht sie die Ufer des Sumidagawa-Flusses, weit entfernt im Osten. Als sie das Gewässer auf einer Fähre überquert, hört sie Gesänge und Klänge einer buddhistischen Zeremonie. Sie fragt den Fährmann, ob das nicht eine Totengedenk-Feier wäre und für wen sie abgehalten werde. Der Fährmann erzählt ihr von einem kranken Knaben, der am Ufer von einem Kinderhändler alleine liegengelassen wurde. Die Dorfleute hätten ihn gefunden und nach seiner Herkunft gefragt. Der Knabe nannte seinen Namen, Umewakamaru, und erzählte seine traurige Geschichte der Entführung. Er spürte dann, dass er dem Ende nahe war und äußerte eine letzte Bitte. Er wünschte, dass man ihm beim Grab eine Weide pflanze. Wenn es auch nur ein bisschen windete, würden die Äste bewegt und er könne sich denken, dass dieser Wind von Kyoto her wehte und ihn mit seiner Heimat und seiner Mutter verbinde.
Als die Mutter diese Geschichte hört, weiß sie, dass sie ihren Sohn gefunden hat – allerdings nicht mehr am Leben. Sie bittet inständig, zu dem Grab, wo die Weide steht, geführt zu werden. Die Dorfleute und ein Priester beten mit ihr zusammen Namu Amida Butsu. Als die Mutter singt, glaubt sie, auch die Stimme ihres Sohnes, der nach ihr ruft, zu hören. Sie hat eine Vision des Sohnes, der die Hände nach ihr ausstreckt; doch nach einer Weile muss sie einsehen, dass dies alles nur Illusion ist und sie ihren Sohn unwiederbringlich verloren hat.

Text

  • 1. Is the moon no more the same Ist der Mond nicht, wie er immer war

    Tsuki ya aranu 月やあらぬ

  • 2. and the spring no longer the spring of the past. und der Frühling wie der Frühling alter Tage.

    haru ya mukashi no haru naranu 春や昔の春ならぬ

  • 3. Man’s demise, however, resembles the banks of the Shirakawa River, Doch das Los des Menschen gleicht dem Shirakawa-Ufer,

    mi no yukusue mo Shirakawa no 身の行末も白川の

  • 4. where the mansion’s plum blossoms have been scattered wo ein Nachtsturm in dem Garten Pflaumenblüten

    yakata no ume no yoarashi ni 館の梅の夜嵐に

  • 5. by an evening storm. Far from her homeland, von den Bäumen riss. Die Heimatstadt verlassend

    chirimidaretaru furusato o 散り乱れたる故郷を

  • 6. the mother – with a darkened heart streift die Mutter wirren Sinnes

    samayoi ideshi oyagokoro さまよひ出でし親心

  • 7. wanders looking for her missing son. auf der Suche nach dem Sohn im Land umher.

    ko yue no yami ni mayouran 子故の闇に迷ふらん

  • 8. The mother of Umewakamaru Ja, Umewakamarus Mutter

    sate Umewakamaru no haha goze wa さて梅若丸の母御前は

  • 9. in search for her son fragte überall nach ihrem Kind,

    waga ko no yukue tazune wabi 我が子の行方尋ねわび

  • 10. is frenzied in her grief. verlor allmählich den Verstand.

    kokoro mo itsuka kyōran to 心もいつか狂乱と

  • 11. Her black hair Ihr schwarzes Haar

    narase tamaite kurokami o ならせ給ひて黒髪を

  • 12. was in disarray; and without footgear war aufgelöst, und barfuß

    furimidashitsutsu kachihadashi 振り乱しつゝ徒跣

  • 13. she moved on the eastward road. eilte sie verstört gen Osten.

    Azumaji sashite zo kudaraseraru 東路さしてぞ下らせらる

  • 14. Leaving the beautiful Capital, passing Mount Hiei, Sie verließ die schöne Hauptstadt und passierte den Berg Hiei,

    hana no miyako o Ōhiei no 花の都を大比叡の

  • 15. – its peak engulfed by white clouds – dessen Gipfel sich in weiße Wolken hüllte.

    mine no shirakumo hedatetsutsu 峰の白雲隔てつゝ

  • 16. making her way across Lake Biwa Viele Leute kamen ihr entgegen, während sie den Biwasee

    yukikō hito ni Ōmiji mo 行きかふ人に近江路も

  • 17. – on a (dangerously) floating boat – in einem steuerlosen Schiffe überquerte.

    kojō no fune no kaji o tae 湖上の船の梶を絶え

  • 18. longing for her child Heftig schmerzte sie die Sehnsucht nach dem Kind,

    kogaruru ko ni wa Awazuno ya こがるゝ児には粟津野や

  • 19. she cried like the cranes in the fields of Awazu and Unenono. sie heulte wie ein Reiher in den Feldern von Awazu und Unenono.

    Unenono ni naku tazu no koe 畔の野に鳴く田鶴の声

  • 20. “Children! „Ihr Kinder dort,

    nōnō kore naru warabedomo なうなうこれなる童共

  • 21. Have you seen my beloved young boy? wisst ihr denn, wo mein Junge ist?

    koishiki waka o shirazaruka 恋しき若を知らざるか

  • 22. And you people, crossing my way, Und hier, ihr Leute auf der Straße,

    ika ni sore naru michiyukibito 如何にそれなる道行人

  • 23. return my son!” gebt mir meinen Sohn zurück!“

    waga ko kaesase tamae ya to 我が子返させ給へやと

  • 24. And she grieved and wept in her travel robe. Sie war verzweifelt, und sie weinte bitter in ihr Reisekleid.

    uramitsu nakitsu tabigoromo 恨みつ泣きつ旅衣

  • 25. Finally, she reached the Sumidagawa River in Musashi Nun kam sie endlich in das Land Musashi an den Fluss Sumidagawa,

    Musashi no hate no Sumidagawa 武蔵のはての隅田川

  • 26. where she arrived at a ferry station. wo eine Fähre lag.

    watari no hotori ni tsukitekeri 渡りのほとりにつきてけり

  • 27. Water threading down their wings, Mit nassen Flügeln, Tropfen spritzend

    nami no itosuji hikihaete 波の糸筋引はへて

  • 28. frolicking seagulls joined their friends, tummelte sich eine Gruppe Möwen überm Fluss.

    tomo uchitsurete asoberu wa 友打つれて遊べるは

  • 29. “oh, aren’t they called ‘Capital birds’”, Heißen die nicht ‚Hauptstadt-Vögel’?

    kore ya na ni ou miyakodori これや名におふ都鳥

  • 30. On the other side of the river An dem andern Ufer, weißen Wolken ähnlich,

    mukō kishibe ni shirakumo to 向ふ岸辺に白雲と

  • 31. cherry blossoms – white as snow clouds – herrschte eine Kirschbaumpracht,

    magō bakari no sakurabana まがふばかりの桜花

  • 32. flowered in abundance. die weithin sinnbetörend strahlte.

    sakimidaretaru awai yori 咲き乱れたるあはひより

  • 33. From this place, the sound of a gong was heard. Von dort drüben hörte man das Schlagen eines Gongs.

    shōko no oto no kikoyuru wa 鉦鼓の音の聞ゆるは

  • 34. “For whom do they hold a mourning service?” „Für wen ist diese Totenmesse?“

    ta ga naki ato no kuyō zo to 誰がなきあとの供養ぞと

  • 35. she asked the ferryman. fragte sie den Fährmann.

    watashimori ni koto toeba 渡守に言問へば

  • 36. And with great elaboration, long like a spring day, Ruhig wie ein Frühlingstag,

    haru no hi nagaki minarezao 春の日ながき水馴棹

  • 37. he told her a story while slowly moving: gelassen stakend hub der Fährmann an mit folgender Geschichte:

    sashimo isogade monogataru さしも急がで物語る

  • 38. “Well, last year on the 15th of the 3rd Month, „Ja, es war vor einem Jahr, im dritten Monat am Fünfzehnten,

    satemo kozo sangatsu jūgonichi さても去年三月十五日

  • 39. a slave dealer brought a boy als ein Kindsentführer einen Jungen brachte

    hito akiudo ga chigo hitori 人商人が稚子一人

  • 40. to the banks of this river. und mit ihm den Fluss hier überquerte.

    tsurete kono kawa watarishi ga つれて此の川渡りしが

  • 41. Suddenly, the boy fell ill, Doch der Knabe wurde unversehens krank,

    niwaka ni yamai sashi okori 俄かに病さしおこり

  • 42. and was suffering terribly. er litt an fürchterlichen Schmerzen.

    motte no hoka ni kurushimu o 以ての外に苦しむを

  • 43. Leaving him behind at the banks over there Doch der Kindsentführer ließ den Jungen dort

    ano kawagishi ni suteokite あの川岸にすておきて

  • 44. the slaver ran away. am Ufer liegen, macht’ sich aus dem Staub.

    akiudo soko yori nigesarinu 商人そこよりにげ去りぬ

  • 45. Seeing this, the village people pitied the boy Die Leute aus dem Dorfe sahen dies und fühlten Mitleid,

    sareba satobito awaremite されば里人あはれみて

  • 46. and looked after him. und kümmerten sich um den Jungen.

    samazama itawari sōraedo さまざまいたはり候へど

  • 47. But his condition worsened. Dieser aber wurde schwach und schwächer.

    tanda yowari ni yowariyuki たんだ弱りに弱りゆき

  • 48. When his end was near Als sein Ende nahte,

    inochi mo kagiri to mieshi toki 生命も限りと見えし時

  • 49. he was asked about his origins. fragten sie ihn nach der Herkunft.

    tokoro sujō o tazuneshi ni 所素性を尋ねしに

  • 50. ‘I am from the Capital, from Kitashirakawa. ‚Von der Hauptstadt bin ich, von Kitashirakawa;

    maro wa miyako no Kitashirakawa 麿は都の北白川

  • 51. I am the only son of the officer YOSHIDA. bin das Einzelkind von Offizier YOSHIDA

    YOSHIDA no shōshō ga hitorigo nite 吉田の少将が一人子にて

  • 52. My name is Umewakamaru. und heiße Umewakamaru.

    Umewakamaru to mōsu mono 梅若丸と申す者

  • 53. My father died early and Mein Vater starb schon früh, ich lebte

    chichi ni okure haha nomi ni 父におくれ母のみに

  • 54. I lived together with my mother. mit der Mutter nur zu zweit.

    soimairasete sōrō o 添ひまゐらせて候を

  • 55. I was taken away by a slave dealer Von einem Kindsentführer wurde ich geraubt,

    hito akiudo ni kadowasare 人商人にかどはされ

  • 56. – that is why I am here now. und bin nun hier, verloren.

    kayō ni nari hate sōrainu かように成り果て候ひぬ

  • 57. When the wind blows from the Capital Wenn ein Wind weht von der Hauptstadt,

    miyako no kata yori fuku kaze mo 都の方より吹く風も

  • 58. I feel so homesick. hab‘ ich großes Heimweh.

    ito natsukashū sōraeba いとなつかしう候へば

  • 59. Could you therefore, after my death, Könntet ihr nicht hier am Weg

    kono michinobe ni nakigara o 此の道のべに亡骸を

  • 60. plant – on my grave – auf meinem Grab

    uzumete ue ni hitomoto no 埋めて上に一本の

  • 61. a willow for me?’ mir eine Weide pflanzen.’

    yanagi o uete tamaware to 柳を植えて給はれと

  • 62. His voice faltered Seine Stimme stockte,

    koe taedae ni iinokoshi 声絶え絶えに云ひのこし

  • 63. he took his last breath. und dann hauchte er sein Leben aus.

    sonomama iki wa taenikeri そのまゝ息は絶えにけり

  • 64. Today is the first memorial day of his death. Heute jährt sich nun sein Todestag,

    kyō wa sono ko no meinichi nareba 今日は其の児の命日なれば

  • 65. The village people performing the service die Leute feiern eine Messe,

    satobitodomo ga kuyō no tame 里人共が供養の為

  • 66. are chanting the Nenbutsu prayer.” singen das Nenbutsu Gebet.“

    tonōru nebutsu to kiku yori mo 唱ふる念仏ときくよりも

  • 67. “Oh ferryman, they are doing this surely „Oh Fährmann, alle tun das doch

    nō watashimori sore koso wa なう渡守それこそは

  • 68. for the child I am looking for!” für meinen Jungen!“

    tazunuru waga ko ni arikere to 尋ぬる我子にありけれと

  • 69. And before having finished with this outburst she fell down Kaum gesprochen stürzte sie

    ii mo owarade funazoko ni 言ひも終らで船底に

  • 70. to the floor of the ferry boat weeping bitterly. und wand sich weinend auf dem Fähren-Boden.

    taore fushitezo naki tamō 倒れ伏してぞ泣き給ふ

  • 71. The ferryman, hearing this, was shocked Als der Schiffer dies vernahm, erschrak er sehr

    funabito kikite uchiodoroki 船人聞きて打驚き

  • 72. and helpfully showed her und zeigte hilfreich ihr den Weg

    itawari nagara Umewaka no いたはりながら梅若の

  • 73. the way to Umewaka’s burial mound. zu Umewakamarus Grab.

    tsuka no mae e to anai suru 塚の前へと案内する

  • 74. “Ah – what grief! „Ach, wie greift mir das ans Herz!

    aa ko wa satemo asamashiya 嗚呼こはさても浅ましや

  • 75. I have one only wish in my life: Jetzt hab ich nur noch eine Bitte:

    semete ichigo no nasake ni wa せめて一期の情けには

  • 76. Please, dig up his burial mound, Schaufelt dieses Grab mir frei,

    kono hakatsuchi o horikaeshi 此の墓土をほり返し

  • 77. I want to meet him once more. damit ich ihn

    arishi sugata o ima ichido ありし姿を今一度

  • 78. Please, show him to me!” noch einmal seh!“

    warawa ni misete tamaware to 妾に見せて給はれと

  • 79. Desperately, she grasped the tombstone Verzweifelt stürzte sie zur Grabesplatte,

    hishito sotoba ni toritsukite ひしと卒塔婆に取りつきて

  • 80. crying helplessly beyond measure weinte außer sich vor Schmerz.

    mi mo yo mo aranu kurui naki 身も世もあらぬ狂ひ泣き

  • 81. until the sleeves of all around her were soaked with tears, too. Und allen, die da waren, wurden auch die Ärmel nass von Tränen.

    yoso no sode o mo nurashikeri よその袖をも濡しけり

  • 82. The villagers, nonetheless, asked the mother Doch die Leute von dem Dorfe

    satobitodomo wa tonikaku to 里人共はとにかくと

  • 83. as they proceeded with the memorial service, forderten sie auf, zu beten,

    ekō o susume mairaseshi ni 回向をすゝめまゐらせしに

  • 84. to strike the gong, even as she wept bitterly. und so schlug sie schluchzend ihren Gong.

    haha wa nakunaku utsu shōko 母はなくなく打つ鉦鼓

  • 85. Was it real or was it a dream that these sounds reached Ach, war es Wirklichkeit, war es ein Traum nur,

    utsutsu ka yume ka jakkō no 現か夢か寂光の

  • 86. the ethereal heavenly realms of The Pure Land. dass man aus der Tiefe, aus der Andern Welt, nun Klänge hörte.

    jōdo no soko ni hibikuran 浄土の底に響くらん

  • 87. Rising above all blossoming trees, the moon Über allen Blütenbäumen stieg der Mond herauf

    hana yori noboru tsuki no kage 花より登る月の影

  • 88. wrapped itself in the shadow of the Nenbutsu prayers und hüllte sich ins Nachtgebet des Nenbutsu,

    oboro nagara mo yonebutsu no おぼろながらも夜念仏の

  • 89. which echoed over the Sumidagawa River. das übern Fluss Sumidagawa hallte.

    koe sumiwataru Sumidagawa 声澄み渡る隅田川

  • 90. All the hearts turned to the west: Alle Herzen wandten sich gen Westen:

    kokoro wa nishi e to hitosuji ni 心は西へと一筋に

  • 91. “Hail, Western Paradise, „Heil dir, Paradies des Westens

    namu ya saihō gokuraku sekai 南無や西方極楽世界

  • 92. with all the thirty-six trillion Buddhas of the same name Trillionen Buddhas gleichen Namens

    sanjūrokuman’oku dōmyō 三十六万億同名

  • 93. and rank: Amidabutsu, gleichen Ranges.

    dōgō Amidabutsu 同号阿弥陀仏

  • 94. Praise to Amidabutsu Lob sei Amida Buddha.

    Namu Amidabutsu 南無阿弥陀仏

  • 95. Praise to Amidabutsu Lob sei Amida Buddha.

    Namu Amidabutsu 南無阿弥陀仏

  • 96. Praise to Amidabutsu Lob sei Amida Buddha.

    Namu Amidabutsu 南無阿弥陀仏

  • 97. Praise to Amidabutsu.” Lob sei Amida Buddha.“

    Namu Amidabutsu 南無阿弥陀仏

  • 98. Oh, how strange! Out from the grave Oh wie seltsam, in dem Grabe

    ara fushigi ya na hakajirushi あら不思議やな墓標

  • 99. a sudden move could be felt schien sich etwas zu bewegen;

    niwaka ni ugokite dochū yori 俄かに動きて土中より

  • 100. and a voice grew steadily louder: langsam hob sich eine Stimme:

    shidai ni agaru koe sugoku 次第にあがる声すごく

  • 101. “Praise to Amidabutsu.” „Lob sei Amida Buddha.“

    Namu Amidabutsu 南無阿弥陀仏

  • 102. Ah, now in midst of all the chanting „Hört ihr mitten in dem Chor,

    nōnō ima no nebutsu no uchi なうなう今の念仏の中

  • 103. one single voice was louder. wie eine Stimme lauter singt!

    hitokoe takaku kikoeshi wa 一声高くきこえしは

  • 104. “This must be my son’s voice, „Das ist die Stimme meines Sohnes!

    masashiku waga ko no koe naruyo to まさしく我子の声なるよと

  • 105. for sure this was no little cuckoo.” Nein, das war kein ,Trauerkuckuck‘, der da sang.“

    shide no taosa no sore narade 死出の田長のそれならで

  • 106. She wanted to hear his voice once more, Und da sie seine Stimme nochmals hören wollte,

    ima hitokoe no kikitasa ni 今一声のきゝたさに

  • 107. and when she chanted again “Namu Amidabutsu” sang sie wieder „Lob sei Amida Buddha“.

    Namu Amidabutsu to tonōreba 南無阿弥陀仏と唱ふれば

  • 108. a spring breeze came blowing Zu dieser Zeit begann ein abendlicher Frühlingswind zu wehen,

    haru no yokaze wa fukeyukite 春の夜風はふけ行きて

  • 109. that twirled the willow branches der die Weidenäste durcheinander wirbelte.

    yanagi no kami mo uchimidare 柳の髪も打乱れ

  • 110. Umewaka appeared Da, plötzlich wurde die Gestalt des jungen Umewakamaru

    Umewakamaru no sono sugata 梅若丸の其の姿

  • 111. as if he were real. wirklich, ja wahrhaftig.

    utsutsu no gotoku arawaretari 現の如くあらはれたり

  • 112. The mother was so happy Überglücklich war die Mutter,

    haha wa amari no ureshisa ni 母は余りの嬉しさに

  • 113. that she tried to embrace him. wollte ihren Sohn umarmen.

    sugari tsukan to shitamaeba すがりつかんとし給へば

  • 114. But he was no more than the reflection of the moon on the river; Aber unstet war er wie ein Spiegelbild des Monds im Fluss,

    anaya itoyū mizu no tsuki あなや糸ゆふ水の月

  • 115. her hands could not hold him – how sad. sie konnte ihn mit Händen nicht erreichen.

    te ni mo tomarade kanashige ni 手にも止まらで悲しげに

  • 116. “Mother!” cried his longing voice, Sehnsuchtsvoll klang seine Stimme: „Mutter!“

    haha yo to shitō koe bakari 母よと慕ふ声ばかり

  • 117. and here she called: “My dearest son!” Sie erwiderte: „Mein liebster Sohn!“

    konata mo koishiki waga ko yo to こなたも恋しき我子よと

  • 118. They called each other, mother and son. So riefen sie sich gegenseitig „Mutter“ – „Sohn“.

    tagai ni yobō oya to ko o 互に呼ばう親と子を

  • 119. Dense like The Five Obstacles, a mist of spring Ein Frühlingsnebel, den Fünf Hindernissen ähnlich,

    utate ya goshō no harugasumi うたてや五障の春霞

  • 120. separated them, what a pity. trennte beide – welch ein Leid.

    tachi hedatsuru zo aware naru 立ち隔つるぞ哀れなる

  • 121.  The water flows, blossoms lose their petals and spring never ends.  Das Wasser fließt, die Blüten fallen, doch der Frühling währet lang.

    mizu nagare hana otsuredomo haru tokoshinae ni ari 水流レ花落ツレドモ春長ナエニ在リ

  • 122.  The wind is cold, the moon stands high, and cranes do not return.  Der Wind ist kalt, der Mond steht hoch, die Reiher kehren nicht zurück.

    kaze susamajiku tsuki takō shite tsuru kaerazu 風冷ジク月高ウシテ鶴帰ラズ

  • 123. Then, in the morning dawn Nachdem das alles so geschehen, dämmerte der Morgen,

    kakute shinonome honobono to 斯くて東雲ほのぼのと

  • 124. when day arrived, und ein neuer Tag brach an.

    akete kuyashiki tamakushige あけてくやしき玉櫛笥

  • 125. Umewaka, who had not been seen a second time, Umewakamaru sah man nicht ein zweites Mal,

    futatabi mienu Umewaka no ふたゝび見えぬ梅若の

  • 126. disappeared again for eternity, er kam nie mehr zurück,

    sugata wa chitose kaerikozu 姿は千歳かへり来ず

  • 127. leaving behind a willow as a reminder. Erinnerung an ihn ist nur die Weide.

    katami to nokoru aoyagi no かたみと残る青柳の

  • 128. Like its thousand branches moving in the spring breeze So wie ihre tausend Äste sich im Frühlingswind bewegen,

    chisuji no ito wa harukaze ni 千すぢの糸は春風に

  • 129. we will be moved by grief forever rührt uns immerzu der Schmerz,

    urami o nagaku hikunameri 恨を永くひくなめり

  • 130. we will be moved by grief forever. rührt uns immerzu der Schmerz.

    urami o nagaku hikunameri 恨を永くひくなめり

Anmerkungen

3. Shirakawa… ist ein Fluss im östlichen Teil von Kyoto. 8. Umewakamaru… Im Mittelalter bedeutete das Suffix –maru in einem Namen „Knabe“, während ume „Pflaume“ und waka „Jung“ bedeutet. Daher schafft dieser Name das Bild eines „Knaben, jugendlich (strahlend) wie eine Pflaumenblüte“. Der poetische Begriff „Pflaumenblüte“ in Zeile 4 bezieht sich auf diesen Namen. 19. Awazu und Unenono… das sind beides geografische Namen – Awazugahara ist eine Gegend, die sich in der heutigen Stadt Ōtsu in der Nähe des Biwasees befindet, und Unenono liegt in der Stadt Ōmi Hachiman. Awazugahara heißt übersetzt „Hirsen-Feld“. Doch das Wort awazu dient hier als Wortspiel: rein akustisch – ohne Kontext – wird es unmittelbar als „nicht treffen“ verstanden, und somit ist Awazugahara das Feld, wo die Mutter „ihren Sohn nicht trifft“. 25. Sumidagawa… Dieser riesige Fluss im Nordosten Japans fließt durch die Region von Musashi und mündet in die Tokyo-Bucht. 29. „Hauptstadt-Vögel“… Auf Japanisch sind diese „Austernfischer“ als miyakodori bekannt. Es ist verständlich, dass diese Vögel (-dori) hier erwähnt werden, da sie die Mutter mit ihrer Heimatstadt Kyoto (miyako) verbinden, aus der ihr Sohn entführt wurde. 33. Gong… Dieser Gong (shōko) wird in buddhistischen Ritualen verwendet. Normalerweise hängt er in einem Holzrahmen an einem etwa 100 cm hohen Ständer, damit ein den Gong schlagender Priester sitzen kann. Hier hält der Priester möglicherweise den Gong in der einen Hand und schlägt ihn mit der anderen mit einem kleinen Holzhammer. 51. Offizier YOSHIDA… Im Noh-Stück Sumidagawa, auf dem diese Ballade hauptsächlich basiert, wird der Vater nicht als “Offizier“ bezeichnet. Die Erwähnung dieses Ranges ist eine spätere Zugabe, die im Sumidagawa monogatari von 1656 und anderen Quellen zu finden ist. 66. Nenbutsu Gebet… Dieses Gebet: „Namu Amida Butsu“ (siehe auch Zeile 93-97, 101 und 107) ist die Anrufung von Amida Nyorai, einem Buddha, der die Fähigkeit hat, in diese Welt einzugreifen und Menschen zu retten. 105. „Trauerkuckuck“… Der Vogelname ist hier shide no taosa, was mit den Zeichen für „Tod“ (shi) und „Verlassen“ (de) geschrieben wird und daher zu einem Wortspiel dient. Der gebräuchlichere Name des Vogels ist hototogisu, dessen Schrei die Menschen angeblich an den immanenten Tod erinnert. 119. Die Fünf Hindernisse… Dies sind die Fünf Hindernisse, die einer Frau nicht ermöglichen, Buddhaschaft zu erlangen: Eine Frau kann weder Bonten (Brahma), noch Emma (​​Gott der Unterwelt), noch Taishakuten (einer der zwölf Wächter des Himmels), noch Tenrinō (der König eines idealen Landes) oder ein Buddha werden.

Musik Kommentar

Diese 130-zeilige Ballade ist eine der längeren im ganzen chikuzen biwa Repertoire; eine integrale Aufführung dauert über 30 Minuten. Aus mehreren Gründen wird das Stück nicht häufig gesungen. Eine der Ursachen ist, dass die Hauptfigur dieser tragischen Geschichte eine Mutter ist. Obwohl es ja viele tragische Balladen gibt, ist doch meistens der Protagonist männlich. Da nun aber chikuzen biwa Stücke in der Mehrzahl von Frauen aufgeführt werden, ist die Identifikation einer Spielerin mit einer Mutter, die ihren Sohn verloren hat, belastend. Andererseits ist es doch bemerkenswert, dass es eine biwa-Spielerin in Hokkaido gab, die in den späten 1980-er Jahren mit fast keinem andern Stück als Sumidagawa auftrat. Die Gründe dafür mögen sehr persönlich gewesen sein und vermutlich einen biografischen Hintergrund gehabt haben, denn sonst ist solche exklusive Pflege eines einzelnen Stücks nicht bekannt.
Ein weiterer Grund für das eher seltene Spielen und Singen dieser Ballade ist die gedrückte Stimmung, die sich eigentlich durch die ganze Aufführung ziehen sollte. Es gibt keinen einzigen dramatischen heldisch-brillanten Höhepunkt, wo ein Vortragender sein artistisches Können unter Beweis stellen könnte – der Grundton ist Trauer, Lamento, Bedrücktsein. Die Absenz von üblichen technischen Schwierigkeiten bedeutet aber nicht, dass das Stück keine hohen Anforderungen stellte. Eine anspruchsvolle Passage ist zum Beispiel ab Zeile 91, wo der Priester zu beten beginnt und es zu einer vierfachen Anrufung von Namu Amida Butsu kommt. Hier auf überzeugende Art eine spezifisch liturgisch wirkende Stimmgebung zu erreichen, die eine innere Kraft fühlbar macht, ist schwierig.

Die Atmosphäre eines Totengedenk-Gottesdienstes ist auch im Zwischenspiel nach Zeile 97 gefordert, das speziell für die Szene komponiert wurde. Das biwa-Spiel beginnt mit einer Folge von mehreren „laut-leise-laut-leise“-Schlägen auf hoher Tonstufe. Dieses Motiv illustriert die trockenen Schläge auf einen kleinen Gong, mit denen ein buddhistischer Priester seinen Gesang begleitet. Diese Gong-Imitation des biwa mag zu Beginn etwas schockieren, doch die Passage gleitet bald über in eine weiche Melodiefolge, die die delikate Stimmung der Mutter nachzeichnet, als sie auf die Begegnung mit ihrem Sohn hofft. Ein solches Gleiten von dem einen Stimmungs-Motiv in ein ganz anderes innerhalb eines Zwischenspiels ist eine beträchtliche Herausforderung an die Sensibilität und technischen Fertigkeiten eines biwa-Spielers.
Der Höhepunkt der ganzen Ballade ist sicher jener Zeitpunkt, wo es zur Vision der Mutter kommt. YAMAZAKI Kyokusui pflegte hier das Zwischenspiel Otsu no kuzure roku – allerdings nur auf der Bühne – heftig und energetisch anzugehen, um den inneren Kampf der Mutter, die unbedingt wieder mit ihrem Sohn vereint sein möchte, auszudrücken. Im Unterricht hingegen drängte die Lehrerin darauf, dass der Schüler eine mystische Atmosphäre zu erzeugen versuche, in dem er die weichen Schläge auf die leeren Saiten voll auskoste, d.h. sie im pianissimo sonor vibrieren lasse. Viele dieser Schläge auf die leeren Saiten stehen im Abstand einer Quinte, was im Hörer die Assoziation an azusayumi wecken kann. Dieser „Musikbogen“ wird in schamanistischen Ritualen benutzt, indem man fortwährend und regelmäßig mit einem Stab auf die einzige gespannte Saite schlägt. Eine solch spezielle Interpretation von Otsu no kuzure roku ist bestimmt sinnvoll, da wir es bei dieser Szene unzweifelhaft mit einem schamanistischen Vorgang zu tun haben.