Die Geschichte der Heike-suche

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miyako ochi

都落ち

Einführung

Im Jahre 1183 kämpfte der GENJI General Kiso Yoshinaka erfolgreich in mehreren Schlachten gegen die HEIKE Armee in der Hokuriku Gegend (heute die Präfekturen von Fukui, Ishikawa und Toyama). Nach all seinen Siegen wandte er sich gegen Kyoto. Die HEIKE, die seine Macht fürchteten, verließen die Hauptstadt am 14. Tag des 8. Monats 1183 endgültig und flohen westwärts.
Im Heike monogatari gibt es viele traurige und bewegende Geschichten aus dieser Zeit des erzwungenen Abschieds von der Kaiserstadt. Eine der berühmtesten ist sicher jene von TAIRA no Tadanori (1144-1184). Dieser hochrangige HEIKE-General hatte lange Zeit beim Adligen FUJIWARA Shunzei (1114-1204) Poesie studiert.
1183 wurde FUJIWARA Shunzei beauftragt, eine kaiserliche Gedicht-Anthologie zu kompilieren. Doch wegen der einsetzenden Kriegswirren, wurde der Auftrag vertagt. Dennoch wünschte Tadanori, dass – sobald die Herausgabe der Anthologie wieder fortgesetzt würde – eines seiner Gedichte in die Sammlung aufgenommen werde. Er brachte eine Auswahl seiner besten Gedichte zu FUJIWARA Shunzei. Dieser wählte dann eines aus und integrierte es später in Senzai wakashū, eine Sammlung von 20 Rollen mit insgesamt 1285 waka Gedichten.
Da die Gedicht-Anthologie erst nach dem Krieg herausgegeben werden konnte, musste die Autorschaft von Tadanori verschwiegen werden, da er als HEIKE General ein Mitglied der Verlierer-Partei war. Die Autorschaft seines Gedichts wurde als „anonym“ bezeichnet.
Die in dieser Ballade erzählte Szene von Tadanoris Besuch bei Shunzei ist weitgehend Fiktion. Verschiedene Versionen des Heike monogatari führen einen Abschnitt mit dem Titel Shibukassenjō, in dem der Besuch von Tadanori auf eine andere Weise erzählt wird. Gemäß Shibukassenjō war Shunzei schon zu diesem Zeitpunkt zu besorgt, einen General der HEIKE zu empfangen und öffnete ihm das Tor zur Residenz nicht. Tadanori blieb nichts anderes übrig, als die Rolle mit seinen Gedichten über die Mauer zu werfen, wo sie dann aufgehoben und Shunzei überbracht wurde. Erst Jahre später wurde die bewegende Geschichte der Begegnung von Schüler und Meister erfunden.

Zusammenfassung

Der Krieg zwischen den HEIKE und den GENJI endete 1185 mit der Seeschlacht von Dannoura im Westen Japans. Über mehrere Generationen hin übten die HEIKE mit ihren familiären Beziehungen zum Kaiserhof einen großen Einfluss in Kyoto aus. Aber als die GENJI sich 1183 Kyoto näherten, zerstörten die HEIKE ihre Residenzen im Quartier von Rokuhara und zogen westwärts.
Am Abend des Auszugs aus Kyoto wagte es aber TAIRA no Tadanori, der jüngere Bruder des HEIKE-Führers TAIRA no Kiyomori – die Dunkelheit der Nacht nutzend – nach Kyoto zurückzukehren, um FUJIWARA Shunzei, seinen Poesie-Lehrer, noch einmal zu besuchen. Dieser Adlige, der in der Fünften Straße (Gojō) wohnte, war beauftragt eine kaiserliche Anthologie von Gedichten herauszugeben. Tadanori bat inständig, dass eines seiner Gedichte auch in diese Sammlung aufgenommen werde. Würde ihm diese Ehre zuteil, hätte er keine Angst mehr vor den bevorstehenden Schlachten, die ihm sicher den Tod brächten. Shunzei war von diesem Wunsch tief bewegt und versicherte ihm mit Tränen in den Augen beim Abschied, dass er ihn erfüllen werde.
Nach der ausführlichen Präsentation des Gedichts endet die Ballade mit einem Lob der Dichtung, die kraft ihrer Herrlichkeit die irdische Existenz eines Dichters lange überlebt.

Text

  • 1. The sound of the Gion Shōja bell Der Glockenklang von Gion Shōja

    Gion Shōja no kane no koe 祇園精舎の鐘の声

  • 2. echoes the impermanence of all things. kündet von der Nichtigkeit des Tuns in dieser Welt.

    shogyō mujō no hibiki ari 諸行無常の響あり

  • 3. The color of the sala flowers Die sala Blüte weist mit ihrer fahlen Farbe

    sara sōju no hana no iro 沙羅双樹の花の色

  • 4. reveals the truth that the prosperous must decline. auf Verderben und Verfall von Ruhm und Glanz.

    jōsha hissui no kotowari o arawasu 盛者必衰の理を表す

  • 5. With the nine-fold clouds of cherries in full bloom, Die Kirschbaum-Pracht glich Wolkennebeln

    kokonoe no kumoi ni magō hanagasumi 九重の雲井にまがう花がすみ

  • 6. everybody in the capital und verzauberte die Hauptstadt Kyoto.

    Kyō no miyako o waga yo to zo 京の都をわが世とぞ

  • 7. flushed with the abundance of lovely sake, Reichlich floss der Sake,

    eiga no bishu ni eishirete 栄華の美酒に酔ひ痴れて

  • 8. was dozing with the impassioned dreams of beautiful lovers. und man gab sich Träumen hin von Liebeslust und Freude.

    fuzan no yume ni utatane no 巫山の夢にうたゝ寝の

  • 9. Such were the lives of the arrogant Heike clan in Rokuhara. Herrlich war das Leben für die stolzen Heike in den Villen von Rokuhara.

    ogoru Rokuhara HEIKE no ichimon 驕る六波羅平家の一門

  • 10. But suddenly at dawn Doch an einem frühen Morgen

    orishimo are ya akatsuki no 折しもあれや暁の

  • 11. battle cries rocked their pillows, wurden sie erschreckt von Kampfgeschrei,

    makura o yusuru toki no koe 枕をゆする鬨の声

  • 12. rumbling like thunder. das laut wie Donner grollte.

    rai no gotoku ni hibiku nari 雷の如くに響くなり

  • 13. The men of MINAMOTO no Yoritomo, Waren das nicht Yoritomos Männer?

    kore zo Uhyōenosuke MINAMOTO no Yoritomo ga これぞ右兵エ佐源の頼朝が

  • 14. waving their white flag dyed with the bamboo gentian crest schwarze Bambus-Enziane zierten ihre weißen Flaggen,

    sasarindō no mon somete 笹竜胆の紋そめて

  • 15. under the moon and the stars of a clear night, die im Dunkeln leuchteten wie Sterne.

    kakaguru shirahata hoshizukiyo 掲ぐる白旗星月夜

  • 16. had assembled in the hills of Kamakura In den Hügeln von Kamakura formierten sich (vor langer Zeit) Verbände.

    Kamakurayama ni oshitatete 鎌倉山におし立てゝ

  • 17. where horses neighed and warriors showed their bravery. Pferde wieherten und GENJI Krieger probten ihren Mut,

    gunba inanaki hei isami 軍馬嘶き兵勇み

  • 18. Their fierce attacks were avalanches. um später wie Lawinen loszubrechen.

    nadare o utte semenoboru 雪崩を打って攻め上る

  • 19. When the fowl in the Fuji River fled the water’s edge, In der Schlacht am Fuji-Fluss, da ließen sich die HEIKE

    Fujigawaberi no mizudori no 富士川辺の水鳥の

  • 20. their wings raucously clapping the river’s surface, von dem bloßen Lärm verschreckter Wasservögel täuschen,

    haoto ni ukitatsu akahata wa 羽音に浮き立つ赤旗は

  • 21. the HEIKE took fright and scattered in the winds without a trace. und zerstoben angsterfüllt in alle Winde.

    kaze ni tobichiri kage mo nashi 風に飛び散り影もなし

  • 22. And in the pass of Kurikara, the “fire bulls incident” Auf dem Pass von Kurikara stifteten die “Feuer-Rinder” Chaos –

    Kurikara tōge no kagyū no kei くりから峠の火牛の計

  • 23. caused the northern guard to collapse. Niederlage war die Folge, und so brach im Norden aller Widerstand.

    kita no mamori wa tsuie hate 北の守りは潰え果て

  • 24. The GENJI general Kiso Yoshinaka attacked Der GENJI General Kiso Yoshinaka nutzte dies

    Kiso GENJI no taigun wa 木曽源氏の大軍は

  • 25. with his huge army advancing in waves like the ocean. und stieß mit seinen Truppen vor wie eine Meereswoge.

    ushio o nashite semariyose 潮をなして迫りよせ

  • 26. Finally, he rode into the capital after crossing the Ōsaka pass. Angekommen auf dem Pass von Ōsaka, formierten sich die Reiter.

    Ōsakayama ni koma o tatsu 逢坂山に駒を立つ

  • 27. There, the HEIKE, in their arrogance, thought Weil die arroganten HEIKE fest der Meinung waren,

    katte wa HEISHI ni arazunba かっては平氏に非ずんば

  • 28. ‘not being HEIKE’ meant ‘not being human’. ‘wer nicht HEIKE ist, der ist kein Mensch’,

    hito ni arazu to gōgoseru 人に非ずと豪語せる

  • 29. But now, these princes of the Flower Capital, zerstörten sie mit Feuerbränden in der Blütenhauptstadt

    hana no miyako no HEIKE no kindachi 花の都の平家の公達

  • 30. set fire to their mansions in the Rokuhara district. ihr Quartier von Rokuhara.

    ima wa tada Rokuhara yakata ni hi o hanachi 今はたゞ六波羅館に火を放ち

  • 31. With the flames like flowers at their backs, Und so waren rote Flammen jetzt die Blumen (ihres Abschieds),

    honoo to hana o se ni abite 炎と花を背に浴びて

  • 32. they departed on their final journey, never to return, als sie schnell die Stadt verließen, ohne je zurückzukehren.

    nido to kaeranu shide no tabi 二度と帰らぬ死出の旅

  • 33. abandoning the capital, fleeing to the western seas, Atemlos in Richtung Westen stürzten sie davon

    miyako o sutete saikai e 都をすてゝ西海え

  • 34. flight having become their fate. und lieferten sich einem ungewissen Schicksal aus.

    nogare hashiru mo sadame nari 逃れ走るも運命なり

  • 35. The younger brother of Kiyomori, Doch da war Kiyomoris jüngrer Bruder,

    koko ni Kiyomorikō no onshatei nite こゝに清盛公の御舎弟にて

  • 36. Tadanori, the lord of Satsuma, Tadanori, Herr von Satsuma.

    Satsumanokami Tadanorikō wa 薩摩の守忠度公は

  • 37. accompanied by several horsemen, Mit wenig Reitern im Gefolge

    tomo no sūki o shitagaete 供の数騎をしたがへて

  • 38. riding along the Yodo river in the dark of night, machte er in tiefer Nacht am Yodo-Ufer kehrt

    Yodo no kawabe no yoiyami ni 淀の川辺の宵闇に

  • 39. suddenly turned back to the capital. und ritt zurück nach Kyoto.

    magirete miyako ni hikikaeshi まぎれて都に引き返し

  • 40. The aim of his secret journey Im Geheimen suchte er

    hiso to otonuru sono saki wa ひそと訪ぬるその先は

  • 41. was to visit FUJIWARA Shunzei, a courtier of the third rank den Fürsten FUJIWARA Shunzei auf,

    Sanmi FUJIWARA Shunzeikyō no 三位藤原俊成卿の

  • 42. whose residence was located on Gojō Avenue. in dessen Villa an der Fünften Straße.

    Gojō no yakata to oboetari 五条の館とおぼえたり

  • 43. Tadanori drew near Shunzei, and said, Tadanori trat vor Shunzei:

    Tadanorikō wa Sanmi no mae ni ayumi yori 忠度公は三位の前に歩みより

  • 44. “Should this world once again know peace and you fulfill your commission to compile

    yo shizumari sōrawaba “Kommt der Frieden wieder in die Welt, dann werdet Ihr, wie ich vernommen,

  • 45. the imperial poetry anthology of which I have heard, eine Kaiserliche Sammlung von Gedichten kompilieren.

    Chokusen kashū no gojō kudaru to uketamawaru 勅撰歌集の御定下ると承る

  • 46. it would be the highest honor, Ehr und Glück in höchstem Maße wären mir beschieden,

    waga shōgai no menmoku ni 我が生涯の面目に

  • 47. if one of my poems should find his lordship’s approval wenn ein einziges Gedicht von mir

    isshu nari tomo shinokimi no 一首なりとも先生の

  • 48. and be included in the collection. This would make me deeply happy.” in diese Sammlung aufgenommen würde.”

    goon o ukureba saiwai nite sōrō to 御恩を受くれば幸にて候と

  • 49. From beneath his armor Und aus einer Faltentasche seiner Rüstung

    yoroi no hikiawase yori 鎧の引き合せより

  • 50. he withdrew a scroll, zog er eine Rolle,

    makimono hitotsu toriidashi 巻物一つ取り出だし

  • 51. and shedding tears, humbly presented it with both hands. die er ehrfurchtsvoll mit Tränen in den Augen seinem Lehrer überreichte.

    sasaguru mite ni chiru namida 捧ぐる御手に散る涙

  • 52. Shunzei, seeing this poem said, Shunzei war gerührt und sagte:

    Sanmi no kyō wa sore o kiki 三位の卿はそれをきゝ

  • 53. “when the time comes, “Wenn die Zeit gekommen ist,

    sarubeki toki no kitarinaba さるべき時の来りなば

  • 54. I shall unfailingly fulfill your wish.” soll Eurem Wunsch entsprochen werden.”

    kanarazu gyoi ni soimōsubeshi to 必ず御意に副ひ申すべしと

  • 55. Hearing these words, Als nun Tadanori diese Antwort hörte,

    kotaekereba 答へければ

  • 56. Tadanori was delighted. war er überglücklich.

    Tadanorikō wa yorokobite 忠度公はよろこびて

  • 57. “Should I drown and perish in the waves of the Western Sea, “Ob im Westen ich im Meer ertrinke

    ima wa Saikai no nami ni shizumaba shizume 今は西海の波に沈まば沈め

  • 58. or should my corpse be lost in the mountains’ depths, oder in den Bergen namenlos zugrunde gehe,

    san’ya ni kabane o sarasu tomo 山野に屍をさらすとも

  • 59. I shall have no regrets.” all das macht mir keine Sorgen mehr.”

    omoi oku koto sara ni nashi to 思い置く事更になしと

  • 60. As he was leaving for the West: Gleich machte er sich auf in Richtung Westen.

    nishi o sashite susumitsutsu 西を指して進みつゝ

  • 61.  “The journey ahead is long, and my thoughts wander  “Meine Reise ist noch weit,

    zento wa hodo tōshi omoi o 前途は程遠し思ひを

  • 62.  towards the distant goal in the evening clouds of Goose Mountain,”  die Abendwolken auf dem Gänseberg geleiten mich zum Ziel.“

    Gansan no yūbe no kumo ni hasu 雁山の夕べの雲にはす

  • 63. he hummed to himself. Das summte er, und Shunzei

    to kuchizusameba Shunzeikyō wa と口ずさめば俊成卿は

  • 64. Shunzei saw him off in tears. wünschte ihm mit feuchten Augen Lebewohl zum Abschied.

    namida o nagashite miokuri tamou 涙を流して見送り給う

  • 65.  “In Shiga, the capital of the rippling water lies in ruins,  Kleine Wellen spielen am Gestade der zerstörten Stadt von Shiga

    sazanami ya Shiga no miyako wa arenishi o さゞ波や志賀の都は荒れにしを

  • 66.  yet the mountain cherries bloom as ever!”  doch wie früher werden dort die Kirschen wieder blühen.”

    mukashinagara no yamazakura kana 昔ながらの山ざくらかな

  • 67. The Path of Poetry is beautiful Lieder dichten ist ein wundervoller Pfad der Edlen,

    geni uruwashiki uta no michi 実に麗はしき歌の道

  • 68. even if the human body walks the road of transience. Körper sind vergänglich.

    mi wa tatoe horobi no michi o ayumu tomo 身はたとへ滅びの道を歩むとも

  • 69. Devoted to poetry, doch ein Kriegerherz, das sich der Dichtung widmet,

    uta ni takusuru mononofu no 歌に託する武士の

  • 70. the heart of this warrior glimmers in the waters of Lake Biwa. wird den See von Shiga überstrahlen,

    kokoro wa Shiga no umi ni hae 心は志賀の湖に映え

  • 71. The ineffable refinement of this departed poet und wir werden seiner Trefflichkeit gedenken

    nokoseshi hito no yukashisa o 遺せし人のゆかしさを

  • 72. will assuredly linger throughout the ages, bis in alle Ewigkeit

    towa ni tsutaete kaoruran 永久に伝へて香るらん

  • 73. will assuredly linger throughout the ages. bis in alle Ewigkeit.

    towa ni tsutaete kaoruran 永久に伝へて香るらん

Anmerkungen

1.-4. Die ersten vier Zeilen verkörpern die Essenz des Heike monogatari, die monumentale Geschichte vom Aufstieg und Fall des TAIRA-Clans in Kyoto. 1. Gion Shōja Glocke… Gion Shōja war ein Tempel im Nordwesten Indiens. Dieser Tempel fungierte auch als Krankenhaus, und war dafür bekannt, dass, wenn ein Patient am Sterben war, die Tempelglocke auf eine bestimmte Art geschlagen wurde. 2. Nichtigkeit… Das Läuten dieser Glocke zu hören, half dem sterbenden Menschen, seine Schmerzen zu vergessen, da der Glockenklang die Reflexion über die Nichtigkeit und Unbeständigkeit dieser Welt förderte. 3. Sala-Blüte… Diese zarte Blüte blüht auf einem Baum, der einer immergrünen Eiche ähnelt. Als Buddha starb, sollen die Sala-Blüten weiß geworden sein. 9. Rokuhara… Dies ist ein Bezirk im östlichen Teil von Kyoto, in dem viele HEIKE-Familien ihre Villen besaßen. 13.Yoritomo… MINAMOTO no Yoritomo (1147-1199), der Oberbefehlshaber des GENJI-Clans, blieb während der Genpei-Kriege in Kamakura. 14. Bambus-Enzian-Wappen… Das Wappen des Seiwa GENJI-Clans. 16. Kamakura… Das GENJI-Hauptquartier in der Nähe des heutigen Tokyo. 19.-21. Fuji-Fluss… 1180 fand die „Schlacht am Fuji-Fluss“ zwischen den GENJI und den HEIKE statt. Bevor die GENJI angriffen, hob plötzlich am Fluss ein riesiger Schwarm von Wasservögeln ab und schlug dabei mit den Flügeln laut auf die Wasseroberfläche. Dieser Lärm ließ die HEIKE glauben, die GENJI würden angreifen, und so flohen sie verzweifelt und verloren die Schlacht. 22.-24. Auf dem Pass von Kurikara… In der Schlacht am Kurikara-Pass im Jahr 1183 befestigten GENJI-Krieger Fackeln an den Hörnern von Stieren (das Genpei-Seisuiki ist die einzige Quelle dafür) und sandten die Herde in Richtung ihrer Feinde. Die HEIKE wurden dadurch so verschreckt, dass Hunderte von ihnen in tiefe Berg-Schluchten sprengten und dabei starben. General KISO Yoshinaka soll sich diese Strategie ausgedacht haben. 26. Der Pass von Ōsaka… Dieser Pass bezeichnet die Grenze zwischen der heutigen Präfektur Shiga und der Stadt Kyoto. 36. Tadanori… TAIRA no Tadanori (1144-1184) war der jüngere Halbbruder des Obersten HEIKE-Führers Kiyomori (sie hatten nicht dieselbe Mutter). Er hatte in den Schlachten am Fuji-Fluss und am Kurikara-Pass gegen die GENJI gekämpft und starb 1184 in der Schlacht von Ichinotani (in der Nähe von Kobe). Sein Titel „Herr von Satsuma“ war in erster Linie rhetorisch. 41. FUJIWARA Shunzei… Dieser Adlige war ein bekannter Dichter seiner Zeit und Tadanoris Poesielehrer. Er wurde beauftragt, eine kaiserliche Anthologie von waka-Poesie zusammenzustellen und zu bearbeiten. 42. Fünfte Straße… FUJIWARA Shunzeis Residenz befand sich in der Nähe der Kreuzung der Fünften Strasse (Gojō) mit der Straße Kyōgoku. 45. Gedichtsammlung… Diese Zusammenstellung von waka-Gedichten trug schließlich den Titel Senzai wakashū. Mit einem Gedicht in einer der kaiserlichen Anthologien vertreten zu sein, war äußerst prestigeträchtig, da es dem Dichter dauerhaften Ruhm und Bewunderung sicherte. 60. Aufbruch in Richtung Westen… Die HEIKE zogen von der Hauptstadt Kyoto nach Westen. Nach der Schlacht von Ichinotani (in der Nähe von Kobe in der Suma-Bucht) wählten sie Schiffe für ihre Flucht, die dann bei Dannoura, in der Meerenge von Shimonoseki, an der Südspitze von Honshu endete.

Musik Kommentar

Als YAMAZAKI Kyokusui Miyako ochi komponierte, dachte sie an eine explizit lyrische Vertonung. Die ersten vier Zeilen – der jedem Japaner bekannte Beginn des HEIKE Epos, Gion shōja no kane no koe – exponieren die Essenz des Heike monogatari. Erstaunlicher ist jedoch, dass die musikalische Umsetzung, wie sie sich in der Notation hier zeigt, sich kaum von andern Balladen-Anfängen unterscheidet. Nur der Kenner wird bei einem guten Sänger ahnen, dass es eine Aufführungstradition gibt, die auf die orale Tradition der Komponistin zurückgeht, in der einige melodische Details aufscheinen, die unüblich sind.

Im ersten Viertel der Ballade (in den Zeilen 10-18) finden sich sogenannte seme Zwischenspiele, die generell für dramatische (d.h. nicht lyrische) Szenen verwendet werden. Das ist insofern sinnvoll, als in diesen Textpassagen von der Aggression der GENJI und der erzwungenen Flucht der HEIKE die Rede ist. Doch in den restlichen drei Vierteln erscheinen fünf nagashi (arioso-Abschnitte), die ja als vokale Höhepunkte der chikuzen biwa-Kunst gelten. Nicht alle überspannen drei Zeilen (was ihrer vollständigen Form entspräche), setzen aber trotzdem dem Text sängerische Höhepunkte auf.
Die Linien 61/62 sind eine rōei-Passage (der Gesang eines chinesischen Gedichts), und die Zeilen 65/66 sind der Gesang von Tadanoris Gedicht, das in die waka-Sammlung aufgenommen wurde. Es versteht sich, dass hier die Melodieführung ausladend und speziell ist. Jeder Aufführende weiß, dass sein Balladen-Vortrag an der Delikatesse der Wiedergabe dieser zwei Zeilen gemessen wird.